Ein gelehrter an der Universität Helmstedt
* 15.11.1660 in Melle bei Osnabrück
+ 28.02,1746 in Helmstedt
Der Sohn eines Münzmeisters besuchte 1671 bis 1679 die Gymnasien in Osnabrück, Herford, Coburg und Bielefeld. Anschließend studierte er Philosophie in Jena, wobei er sich besonders auf orientalische Sprachen konzentrierte. 1680 floh er vor der Pest zum berühmten Talmudisten Etzard nach Hamburg, um bei ihm Hebräisch zu studieren. 1683 legte er die Magisterprüfung in Jena ab und hielt dort 1683 Privatvorlesungen über orientalische und altklassische Sprachen. Als Mitglied des "Collegium philobiblicum“ schloss er enge Freundschaft mit August Hermann Francke, der ihn vom Pietismus überzeugte. 1686 ging er nach Leipzig und, als Verhandlungen über eine thelog. Professur in Rostock scheiterten, 1687 nach Dresden. Dort verbrachte er ein Jahr bei Philipp Jakob Spener, um Bibelstudien zu betreiben. Dann besuchte er zum Studium der Exegese zusammen mit Francke den Lüneburger Superintendenten Kaspar Hermann Sandhagen. 1688 lud in Herzog Rudolf August von Braunschweig-Lüneburg zu einer Predigt nach Braunschweig ein und ernannte ihn daraufhin zu seinem Bibliothekar und Geheimen Sekretär.
1690 schlugen Bemühungen um eine theol. Professur in Kiel fehl. Stattdessen kam von der Hardt als Professor der orientalischen Sprachen nach Helmstedt. 1695 erschien seine Abhandlung über Jesaias II. Daraufhin wurden ihm die exegetischen Vorlesungen untersagt. Er wandte sich daraufhin kirchen- und literaturhistorischen Studien zu.
1699 wurde von der Hardt zum Probst von Marienberg und 1700 zum Universitätsbibliothekar ernannt. In seiner Amtszeit gliederte er ab 1702 die Privatsammlung von Herzog Rudolf August aus Hedwigsburg und Braunschweig (Bibliotheca Rudolphina) in die Bestände ein. Die neue und die alte Bibliothek umfassten zusammen etwa 80.000 Bände.
Von der Hardt wandte sich vom Pietismus ab und dem Rationalismus zu. Aufgrund seiner ständig wechselnden Ansichten und des Versuchs, die Bibel rationalistisch zu erklären, wurde er häufig Opfer der Zensur. 1713 wiederholte die Universität das Verbot exegetischer Vorlesungen noch einmal strengstens. In mancherlei Hinsicht reagierte er so verschroben wie der spätere Med.prof. Beireis. Im Alter von 51 Jahren versprach er der Schneidermeistertochter Anna Catharina Blume (18 Jahre) die Ehe, zog das Versprechen jedoch wieder zurück.
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Der Vater klagte vor dem Konsistorium in Wolfenbüttel. Das Verfahren zog sich von 1711 bis 1717 hin. Das Mädchen lebte nach der Urteilsfindung ein Jahr in seinem Haus, ließ sich dann aber wahrscheinlich auszahlen. 1723 erschien sein Werk "Aenigmata prisei orbis“. Es brachte ihm eine Geldstrafe von 100 Talern ein. Daraufhin verbrannte er acht Foliobde seiner biblischen Anmerkungen und sandte die Asche mit dem Strafgeld an die Regierung. 1727 bei seiner Verabschiedung von den Studenten, salbte er ihrer Gegenwart das Alte Testament von Ximenes und das Neue Testament von Erasmus mit Rosmarienöl. Gegen das Verbot der Vorlesungen veröffentlichte er den ersten Teil seiner Erklärung des Hiob. Als dieser konfisziert wurde, verbrannte er auch den zweiten Teil und schenkte die Asche der Universitätsbibliothek. Man kündigte im schließlich sämtliche Vorlesungen; er ging in den Ruhestand. Ein Jahr später zensierte man eine weitere seiner Bibelerklärungen.
Von der Hardt galt als der größte Kenner der neuen Kirchengeschichte seiner Zeit, wie seine sechsbändige Quellenedition zum Konstanzer Konzil beweist. Seine Grammatiken der hebräischen und der chaldäisch-syrischen Sprache erlebten viele Auflagen. Er ließ auf eigene Rechnung den Turm der Marienberger Kirche erbauen. Auf seine Initiative hin wurde Anfang des 18.Jh. die Ruine der Helmstedter Marktkirche zur Universitätskirche umgebaut. Er ließ auch das alte Pfarrhaus von St. Marienberg errichten und ordnete das Klosterarchiv neu. Der Gelehrte hinterließ etwa 600 gedruckte Schriften. Wegen seiner Versuche, das Alte Testament sprachlich- historisch zu erklären, wurde er 1727 emeritiert, blieb jedoch bis 1744 weiter Bibliothekar. Als Prorektor stand er der Universität 1699 II, 1701 II, 1702 I, 1703 II, 1723 II und 1729 II vor.
Beitrag: Herbert Rohm
Quelle:
Helmstedter Altstadt-Brief
Ausgabe: 3 / 2024
Herbert Rohm
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