Gelehrte an der alten Universität Helmstedt
Hermann Conring
Hermann Conring
1606 – 1681
Ein Gelehrter an der Universität Helmstedt
Quelle: Auszug aus der Beilage zum Buch “Hermann Conring“ für die Ausstellung
der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel im Juleum 1981/82
Am 9. November 1606 wurde Hermann Conring als neuntes Kind und zweiter Sohn des lutherischen Pfarrers Hermann Conring und dessen Ehefrau Galatea geb. Copin in Norden in Ostfriesland geboren. Dort verlebte er Kindheit und Jugend. Als Fünfjähriger erkrankte er schwer an der über seine Heimatstadt hereinbrechenden Pest. Sechs seiner Geschwister starben, er selbst überlebte, blieb allerdings kleinwüchsig und kränklich. Nach dem Besuch der Norder Lateinschule begann Conring am 25. Oktober 1620 an der Helmstedter Universität Philosophie und Theologie zu studieren. Während dieser Zeit wurde er von so hervorragenden Gelehrten wie Cornelius Martini, Rudolf Diephold, Christoph Heidmann, Nikolaus Andreae Granius, Georg Calixt und Heinrich Meibom d. Ä. unterrichtet. Mit ihnen allen verband Conring weit mehr als nur das übliche Lehrer- Schüler- Verhältnis, so dass Conring von Anfang an den maßgeblichen Universitätszirkeln angehörte und deren Lebensideale übernahm.
Durch Vermittlung von Calixt wurde er Stipendiat eines wohlhabenden Niederländers und ging im Jahre 1625 nach Leiden. Neben den in Helmstedt begonnenen Fächern studierte er dort zusätzlich Medizin und Naturwissenschaften. Während seiner Studienzeit in Holland stand er nicht nur mit bedeutenden Vertretern des italienisch- niederländischen Späthumanismus wie Heinsius, Vossius und Barlaeus in regem Gedankenaustausch, sondern er veröffentlichte auch schon eigene wissenschaftliche Arbeiten und begründete so seine spätere, äußerst reiche Publikationstätigkeit.
1632 erhielt Hermann Conring in Helmstedt eine Professur für Naturphilosophie, 1637 für Medizin und 1650 für Politik. Als einer der ersten Deutschen erkannte er die Richtigkeit der sehr umstrittenen Blutkreislauflehre von Harvey und trat öffentlich für sie ein.
Von Anbeginn seiner wissenschaftlichen Laufbahn beschäftigte sich Conring mit historischen Fragen der Reichsverfassung und der Frage nach dem Geltungsgrund des römischen Rechts in Deutschland. Daraus erwuchs sein1643 erschienenes Werk “Über des deutschen Rechts“, das ihn zum Begründer der deutschen Rechtsgeschichte werden ließ. Conring widerlegt darin, dass das römische Recht im 11. Jahrhundert als Reichsgesetz in Deutschland eingeführt wurde. Vielmehr fand es mittels eines allmählichen Rezeptionsvorganges Eingang in die juristische Praxis und wurde so zur anerkannten Rechtsquelle.
Neben zahlreichen Veröffentlichungen zur politischen Theorie, deren Dreh- und Angelpunkt die Philosophie des Aristoteles war, stand eine umfangreiche politisch- praktische Tätigkeit innerhalb des Reiches wie auch europaweit: 1649 wurde er Rat und Leibarzt der Fürstin Juliane von Ostfriesland, 1650 der Königin Christine von Schweden und 1658 ihres Nachfolgers X. Gustav. Seit 1660 war er Geheimer Rat " von Haus aus“ bei seinem Landesherrn, Herzog August d. J. zu Braunschweig und Lüneburg, und im Jahre 1669 trat er als Staatsrat in den Dienst der dänischen Krone. Auch Ludwig XIV. sicherte sich Conrings politisches Geschick, indem er ihm von 1663 bis 1673 eine jährliche Pension aussetzte, wofür Conring profranzösische Dienste zu leisten hatte.
Innerhalb des Reiches war er als Gutachter tätig für Kurmainz (1654), Kurpfalz (1658), den Großen Kurfürsten (1650) und die Reichstädte Köln (1666/71) und Lindau (1656). Im Gutachten für Lindau entwickelte Conring Kriterien zum Erkennen der Echtheit von Urkunden und wurde so zum Urheber der modernen Urkundenlehre.
Hermann Conring war es auch, der die Staatenkunde zum akademischen Lehrfach erhob, wodurch gewissermaßen die Statistik im heutigen Sinn ihren Anfang nahm. Sein Leben lang beschäftigte sich Conring auch mit theologischen Fragen, trat für Ausgleich unter den Konfessionen während der Verhandlungen zum Westfälischen Frieden ein und für das Recht der Protestanten, als legitimer Teil der Universalkirche zu leben.
Am 12. Dezember 1681 starb Hermann Conring, der nach den Worten eines Zeitgenossen ein Wunder seines Jahrhunderts war, in seinem Haus am Ziegenmarkt 7 in Helmstedt.
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